Helge Lindh (SPD)
Veröffentlicht: Montag, 27.01.2025 11:55
Helge Lindh ist 48 Jahre alt, er wurde am 6.12.1976 im "Kapellchen" (Krankenhaus St. Josef / Wuppertal) geboren und lebt seitdem hier. Er ist ledig und hat keine Kinder. Lindh hat einen Magister Artium in Neuere Deutsche Philologie (HF), Germanistische Sprachwissenschaft (NF), Neuere und Neueste Geschichte einschl. Landesgeschichte (NF)., Er ist Bundestagsabgeordneter für Wuppertal I, Wahlkreis 101.
Stellen Sie sich einmal selbst vor...
Mein Name ist Helge Lindh, ich bin Bundestagsabgeordneter aus Wuppertal für und in Wuppertal. Ich bin geboren in der Nordstadt, in Kapellchen, aufgewachsen in der Südstadt und dann später gestrandet in Barmen. Mein Vater ist Finne, meine Mutter ist thüringische Westfälin und der Arbeit wegen sind die beiden, nachdem sie zusammengefunden hatten, letztlich nach Wuppertal gekommen. Und so nahm das Schicksal seinen Lauf und Helge ward ein Wuppertal. Und das war der Beginn einer großen, innigen Liebe, die immer tiefer wird. Denn dieser Stadt hab ich alles zu verdanken, was ich bin. Sie hat aus mir gemacht, was Helge ist. Wenn ich mal Freizeit habe, aber ich bin nicht so begabt in Freizeit und Work-Life-Balance, dann schau ich sehr gerne Football NFL. Und wenn ich nachts nicht schlafen kann, erlebt man mich manchmal als nächtlichen Wanderer durch Wuppertal. Oder ich bin zu Hause und rutsche in eine neue Sucht womöglich. Ich schaue nämlich gerne True Crime-Serien im Streaming Format.
Mein Wahlkreis bedeutet für mich…
Alles. Wuppertal ist wirklich alles für mich, weil ich dieser Stadt verdanke, was ich machen darf. Diesen wirklich sehr privilegierten Beruf, für den man dankbar sein kann und keinen Grund hat, darüber zu stöhnen. Und weil Wuppertal aus mir den Helge gemacht hat, der ich nun mal bin. Wuppertal ist Heimat, Antrieb, Erdung. Heimat, weil ich hier geboren bin, aufgewachsen hier, die Menschen leben, die mich geprägt haben und immer noch prägen. Antrieb, also Antrieb und auch Motivation, weil ich für Wuppertal und Wuppertaler arbeiten darf und dafür, dass es ihnen hoffentlich besser geht, ganz konkret in ihrem Leben. Und ich umgekehrt jeden Tag noch von Menschen aus Wuppertal unheimlich viel lernen kann, sie mich wirklich inspirieren mit ihren Ideen, ihren positiven Verrücktheiten, ihren Projekten und alldem. Daher ist das der größte Antrieb, den ich mir vorstellen. Und Wuppertal ist auch Erdung. Denn wir bewegen uns schon in ziemlichen Blasen in Berlin und sind in der Versuchung, diese Berliner Blase für die Welt zu halten, aber das ist nicht die Welt. Und spätestens, wenn ich in Wuppertal bin und ich versuche, so viel Zeit wie nur möglich hier zu verbringen, dann merke ich, worum es geht und wofür ich arbeite. Nicht für Arbeitskreis und Runden, so wichtig sie sind, in Berlin. Sondern für Wuppertal und die Menschen hier und für das Leben, wie es sich hier ungeschminkt, klar, schwierig, aber auch oft wunderbar zeigt.
Warum sind Sie in die Politik gegangen?
Genau genommen bin ich nicht in die Politik gegangen, sondern ist die Politik in mich gegangen. Und zwar schon sehr früh und hat mich dann später auch wieder eingeholt. Ein Grundsatz ist, und der lässt mich nicht los, Politik ist für Menschen da, nicht Menschen für die Politik. Das klingt banal, aber es ist entscheidend. Wir vergessen ihn aber oft, diesen Grundsatz, in unserer politischen Selbstherrlichkeit. Menschen müssen sich nicht Politik anpassen oder Politik dienen, sondern wir haben den Menschen zu dienen. Punkt. Dass ich das hoffentlich kapiert habe, verdanke ich meinen Eltern und ganz besonders meiner Mutter. Beide Eltern sind übrigens nicht parteipolitisch gebunden, aber ich habe dort gelernt, dass es wirklich auf Gerechtigkeit ankommt und darauf, nicht Arroganz zu üben gegenüber Leuten, egal welcher sozialen Herkunft, Berufsschicht, welchen Alters, welcher Erscheinung, ganz egal. Menschenwürde war das Wesentliche, und das haben mir meine Eltern sehr deutlich klargemacht. Und dieser Blick auf Menschen und dieses Menschenbild und diese Liebe zum Menschen, die ich für Politik absolut entscheidend halte, ist das, was mich in die Politik gezogen hat, und das, was mich wirklich immer noch an Politik glauben lässt. Und bei aller Frustration, jeden Tag motiviert.
Warum wollen Sie (wieder) nach Berlin in den Bundestag?
Weil diese Serie noch viele Folgen hat, weil die Arbeit noch längst nicht getan ist. Und die Notwendigkeit, was für Wuppertal und die Bevölkerung in Wuppertal zu machen, mich nicht loslässt, nicht loslassen kann. Ich hab nämlich gespürt, dass man etwas erreichen kann, dass es eben nicht sinnlos ist. Durch die enge Verbindung es möglich ist, die Situation von Menschen im Kleinen, wie im Größeren zu verbessern. Bedingungen rauszuholen für Wuppertaler Unternehmen, Fördergelder zu mobilisieren und umgekehrt auch zu gucken, was für Ideen werden in Wuppertal entwickelt? Wie kann man durchaus mit Penetranz und auch Kompromisslosigkeit für Wuppertal in Berlin werben? Das ist eine große Aufgabe und sie braucht noch viele, viele weitere Schritte. Es gibt über 30.000 Menschen in Wuppertal, für die einen höheren Mindestlohn notwendig wäre. Unternehmen fragen zu Recht nach besseren Bedingungen, um investieren zu können. Und das trifft viele mittelständische in meiner Stadt. Die finanzielle Lage der Kommunen, gerade auch in Wuppertal, ist zum Teil fatal. Stichwort Altschulden, die die Stadt erwürgen und verhindern, dass sich viel hier entwickeln kann und dass die Verwaltung auch Handlungsfreiheit hat. Das sind alles Aufgaben und dieses nur n Ausschnitt, an denen noch gearbeitet werden muss. Und die es wert sind, diesen Weg weiterzugehen und für den ich noch viele, viele Ideen habe, die mir keine Ruhe lassen. Und es geht auch darum, dass wir das, was wir hier, wenn es auch manchmal scheitert, schaffen, ins Land tragen. Nämlich, dass ein Miteinander gefragt ist, dass wir verdammt noch mal es schaffen müssen, bei unterschiedlicher Meinung, unterschiedlicher Haltung, es miteinander auszuhalten, einander zuzuhören und gemeinsam uns als eine Gesellschaft zu begreifen. Wir sehen überall, auch in unserem eigenen Land, dass das häufig nicht gelingt, damit kann ich mich nicht abfinden. Und Wuppertal ist darauf, wie es besser gelingen kann und wird, wenn man daran hartnäckig arbeitet.
Warum bin ich in meiner Partei?
Viele die beruflich politisch tätig sind, stellen sich manchmal selbst diese Frage. Warum bin ich in meiner Partei? Und sie stellen sich die Frage oft in Momenten der Verzweiflung, Frustration, wenn es harte Auseinandersetzung gibt. Und oft gibt es ja in Parteien, wenn wir ehrlich sind, viel mehr Konkurrenzkampf und viel mehr Streit und Auseinandersetzung als zwischen Parteien. Aber dann - und ich kenn die Momente auch - macht man sich, mach ich mir klar, dass es viel Wichtigeres und Größeres gibt, als solche zwischenmenschlichen Befindlichkeiten. Und ein wesentlicher Grund für mich, dass die Sozialdemokratie meine politische Heimat wurde und ist sind die Menschen, die damals gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt haben. Gegen das Ermächtigungsgesetz der Nazis, nämlich solche, die noch nicht verhaftet waren, die noch nicht gefoltert wurden, die noch abstimmen konnten und so unglaublich mutig waren. So einen Mut können wir uns teilweise gar nicht vorstellen. Und das ist ein Grund, in dieser Partei zu sein und zu bleiben. Und sie machten das auch, um den Feind der Demokratie zu widersprechen. Und sie machten das für nutzbare lebbare Freiheit, damit Menschen wirklich Gerechtigkeit widerfährt. Und das bedeutet, selbstbestimmt frei leben zu können. Und das ist ganz aktuell für junge Menschen, die nicht wollen, dass über sie entschieden wird, sondern sie selbst entscheiden können. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Ausgangspunkt der Sozialdemokratie, also ihre Rechte am Arbeitsplatz, in ihrem Arbeitsschutz oder auch für Menschen nach dem Arbeitsleben, Rentnerinnen, Rentner, die einen Anspruch darauf haben, sozial abgesichert zu sein. Das ist auch eine Frage von Gerechtigkeit und Freiheit. All diese Gründe, diese ganz fundamentalen Gründe sind der Ausgangspunkt dafür, dass ich in der Sozialdemokratie war und bin.
Auf diese meine politische Leistung bin ich stolz…
Ich mag ehrlich gesagt nicht den Ausdruck. „Ich bin stolz“. Stolz ist manchmal auch ein gefährliches Gefühl und man hebt allzu leicht ab. Ich sage vielmehr, es ist mir eine Ehre. Es war mir eine Ehre, es ist mir eine Ehre, es wird mir eine Ehre sein, Geld zu organisieren, Fördermittel zu mobilisieren, beispielsweise für das Visiodrom, die Kurrende, für verschiedene Kirchen, für die Freibäder, Mählersbeck, Mirker Freibad, für die ich mich engagiert habe, die Jakobs Treppe, Türme in Wuppertal, das Pina Bausch Zentrum, aber auch viele einzelne Projekte, größere, kleinere Initiativen. Denn mit dieser Geldbeschaffung erlebe ich, wie man ganz konkret etwas bewirken kann und etwas sehr Sinnvolles. Ein weiterer Grund mit Ehre erfüllt zu sein und bei dem ich sagen kann, es ist mir eine Ehre, ist Gesetze machen zu können, die wirklich eine Auswirkung auf Menschen in Wuppertal haben. Zum Beispiel der Chancenaufenthaltsgesetz, das denjenigen, die sich sehr gut integriert haben, aber keine Perspektive hatten, die Möglichkeit verschafft, dauerhaft an ihrer Arbeitsstelle wirken zu können, hier bleiben zu können und als super integrierte Menschen Teil der Gesellschaft zu sein. Und das schafft Sicherheit für die Menschen, für diejenigen, die sie unterstützen, für die Behörden, aber auch für die Unternehmen. Also ein wirklich notwendiger Schritt und das ist gelungen. Dabei auch immer den Wuppertal-Check zu machen, also zu gucken, was bedeuten Gesetze für die Stadt, sind sie berechtigt und haben Sie gute Auswirkungen? Und ein drittes, bei dem ich sagen kann, es ist mir eine Ehre, ist mit Wuppertalerinnen und Wuppertal zum Beispiel in meinem Beirat Dinge gemeinsam entwickeln zu können und ihre Ideen aufnehmen zu können. Und da Wege geschafft zu haben, permanent im Gespräch zu sein, das ist etwas, was Lust macht auf Politik und was sagen lässt, ist mir eine Ehre.
Was steht für Sie in Ihrem Wahlkreis als erstes auf der Agenda?
Ich will Menschen vertreten und nicht Interessen. Dabei bleibe ich. Also bedeutet das, dass als Erstes die Wuppertalerinnen und Wuppertaler auf der Agenda stehen, also nicht einzelne Gruppen, nicht einzelne Klientelgruppen oder einzelne Interessen. Und das bedeutet ganz praktisch und ganz konkret, dass Wuppertaler Firmen, Unternehmen, die verantwortungsvoll handeln, genauso gute, sinnvolle, günstige Rahmenbedingungen verdienen, wie andererseits auch der in Wuppertal ganz besondere soziale Arbeitsmarkt. Der Wuppertaler Weg eine Zukunft haben müsste, weil er bundesweit beispielhaft ist, aber extrem unter Druck steht. Und in vielen anderen Situationen merkt man wie durch gezielte Unterstützung aus Berlin großartige Ideen dieser Stadt aufblühen können und wie umgekehrt Wege, die wir in Wuppertal gefunden haben, bei allen Schwierigkeiten, für ganz Deutschland vorteilhaft sein können. Das, das steht für mich als erstes auf der Agenda und es würde mich sehr freuen, wenn uns im Rahmen dessen gelingt, endlich Freiraum für die Stadt zu schaffen. Denn sie wird erdrückt von Schulden und wenn wir einen Altschuldenfonds bekämen, der auf Bundesebene auch einer Verfassungsänderung bedarf, wäre das eine wesentliche Befreiung und dann wäre das ganz konkrete, lebbare nutzbare Freiheit für die Menschen in der Stadt und all ihre Initiativen, Projekte und Planungen.
Meine Freunde sagen über mich...
Cola zero-süchtig, Dauertelefonierer oder auch Handy-Junkie. Und sicherlich sagen sie auch: Immer in Unruhe, immer unterwegs, immer umtriebig.
Meine Kritiker sagen über mich...
Meine Kritiker sagen auch über mich Cola zero-süchtig, Dauertelefonierer, Handy-Junkie, immer unterwegs, immer in Unruhe, immer umtriebig - wenn auch mit einem etwas anderen Ton. Und wahrscheinlich gibt es vereinzelt Menschen, womöglich mehr als vereinzelt, die etwas unter meiner sehr hartnäckigen, ausdauernden, bisweilen auch bei Behördenkontakten penetrant wirkenden Art leiden. Aber ich kann nicht anders. Und anders geht’s bei mir nicht.
Egal wie der neue Bundestag aussieht...
Dieser Eindruck ist weit verbreitet, und das ist erschütternd und beunruhigend. Es wäre total arrogant und anmaßend jetzt zu sagen, wie könnt ihr so denken, Politik verändert doch so viel. Weil wir uns doch fragen müssen, woran liegt das? Dass so viele diesen Eindruck haben? Das liegt unter anderem daran, dass von Politik Versprechungen gemacht wurden, Hoffnung geweckt, die nie erfüllt wurden und dass Enttäuschungen produziert hat. Also es liegt auch an dem Politikstil, den viele gepflegt haben. Wenn uns das erstmal klar ist, können wir dann auch selbstbewusst sagen, Politik macht einen Unterschied. Auch in den letzten Jahren in der Dauerkrise. Es gab Energiepreisbremsen, Stabilisierungsmaßnahmen, Krisenreaktionsmechanismen, einen höheren Mindestlohn, verschiedene Rettungspakete, außenpolitische Aktivitäten und all das, um das Land zu stabilisieren. Ohne diese Entscheidungen sähe es ganz anders aus. Das heißt, Politik kann etwas bewirken, auch konkret vor Ort. Das habe ich erlebt und lebe ich jeden Tag, wie praktisch die Situation von Menschen verändert werden kann durch Entscheidungen. Aber dann muss man diese Entscheidung auch begründen. Und deshalb ist es nicht die Aufgabe der Bevölkerung, uns mehr zu vertrauen, sondern unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Menschen wieder Vertrauen in Politik haben. Und das ist eine tagtägliche harte Kernarbeit. Bei der wir Vertrauen wieder erzeugen müssen, das verloren gegangen ist. Und das geht nur mit Einsatz. Einsatz für mein Wuppertal, entschieden und hartnäckig und damit Entscheidung zu begründen und klarzumachen, warum man welche Beschlüsse trifft. Das ist mein, und das ist unsere verdammte Pflicht. Wenn uns das gelingt, dann stiften wir hoffentlich wieder mehr Vertrauen, denn unser Land sehe ganz anders aus, ohne die Demokratie und ohne Parlamente. Und wir alle haben die Aufgabe, daran zu arbeiten, dass wir erkennen, dass es gute Gründe gibt, diese Demokratie zu verteidigen.